Heute Morgen habe ich ein Mail eines Bekannten aus Berlin erhalten, in dem er mir am Ende einen schönen Friedenstag gewünscht hat. Ich habe mich darüber etwas gewundert, habe dann gegoogelt und festgestellt, dass der 1. September in Deutschland seit Jahrzehnten als Friedenstag gilt. Er erinnert an den 1. September 1939, als Nazi-Deutschland Polen überfallen und damit den 2. Weltkrieg eröffnet hat.
Diese kleine persönliche Episode hat mich einmal mehr daran erinnert, wie privilegiert wir Schweizerinnen und Schweizer sind. Wir haben keinen Friedenstag – schlicht und einfach deshalb, weil in unserem Land seit der Gründung des Bundesstaats Frieden herrscht.
Den Zustand des Nicht-Friedens oder eben des Kriegs kennen wir faktisch nur aus den Medien und Gesprächen mit Menschen, die den Krieg andernorts erlebt haben.
Weiterlesen: Rede an der DV der SP Kanton Zürich vom 1. September 2016
„Die Macht der Verwaltung und von Lobby-Gruppierungen wird immer grösser.“ Diese in den Medien oft gemachte Aussage trifft meines Erachtens durchaus zu. Dass dem so ist, hat stark mit unserem politischen System zu tun: Die Parlamentsmitglieder und die allermeisten Exekutiv- und Behördenmitglieder auf Gemeindeebene arbeiten milizamtlich. Es ist also weniger die Schuld der Verwaltung oder von Lobbys, dass sie über grossen Einfluss verfügen, sondern es ist der Wille der Politik, sich selber zu limitieren, da milizamtliche Politikerinnen und Politiker über weniger Ressourcen und – nicht immer, aber doch häufig – über weniger Erfahrung und weniger Fachwissen verfügen. Mehr als einmal habe ich im politischen Alltag schon gehört: „Ich verlasse mich auf das, was mir gesagt wurde, ich kann es selber nicht beurteilen.“ Ebenfalls bekannt ist der Satz: „Ich habe keine Zeit, mich damit zu befassen, ich bin schliesslich nur nebenamtlich tätig.“ Vertrauenserweckend ist das nicht. Und mit Verlaub: Manchmal merkt man Entscheiden an, dass sie vor einem solchen Hintergrund getroffen wurden.
„Die Macht der Verwaltung und von Lobbys wird immer grösser.“ Diese Aussage hören wir immer wieder. Und auch ich habe den Eindruck, dass er zumindest nicht falsch ist. Unser Politsystem hat massgeblich Anteil daran: Parlamentsmitglieder und die allermeisten kommunalen Exekutiv- und Behördenmitglieder arbeiten milizamtlich. Es ist also weniger die Schuld der Verwaltung oder von Lobbys, dass sie über grossen Einfluss verfügen, sondern es ist der Wille der Politik, sich selber zu limitieren, da milizamtliche Politiker naturgemäss über weniger Ressourcen und - nicht immer, aber doch häufig – über weniger Erfahrung und weniger Fachwissen verfügen. Als Gemeinderat war ich schon mehr als einmal an Sitzungen, in denen ein Exekutivmitglied erklärt hat, es verstehe zu wenig von der Sache und übergebe deshalb das Wort der Verwaltung. Ebenfalls mehr als einmal gehört habe ich die Aussage: „Ich habe keine Zeit, mich damit zu befassen, ich bin schliesslich nur nebenamtlich tätig.“ Vertrauenserweckend ist das nicht.
„Wir erleben das Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts in der OECD-Welt. Noch nie haben so viele Menschen so breitgefächerte Möglichkeiten gehabt wie am Ende der sozialdemokratischen Epoche.“ Diese Aussage stammt nicht aus dem Jahr 2016, sondern aus dem Jahr 1983 und wurde vom Soziologen Ralf Dahrendorf formuliert. Sinngemäss lautete die Prognose: Die Sozialdemokratie hat ihre (wichtige und verdienstvolle) Aufgabe erfüllt, es braucht sie nun nicht mehr, ihr Einfluss und ihre Gestaltungskraft werden zurückgehen.
Wer die aktuelle Entwicklung der sozialdemokratischen Parteien in Europa betrachtet, könnte tatsächlich den Eindruck erhalten, dass diese Prognose Wahrheit wird. In Deutschland befindet sich die SPD bei Wahlen auf Länderebene da und dort im freien Fall. In Österreich war der SPÖ-Kandidat für die Bundespräsidenten-Wahl ohne den Hauch einer Chance. In der ehemaligen sozialdemokratischen Hochburg Skandinavien regieren in Dänemark, Norwegen und Finnland Bürgerliche. Und wie die letzten nationalen Wahlen in der Schweiz ausgegangen sind, ist bekannt.
Ist es so, dass die Sozialdemokratie am „Verwelken“ ist, wie das die NZZ kürzlich getitelt hat?
„Mit Integrationspolitik gewinnt man keine Sympathien, besser ist, nicht darüber zu sprechen.“ Diese Aussage eines Politikers ist mir hängen geblieben. Ich habe mich gefragt, ob er Recht hat. Hilft die Behandlung eines kontroversen und emotionalen Themas letztlich denjenigen, die damit bereits Stimmung machen und es als Problem bewirtschaften? Verstärkt sich der teilweise vorhandene Eindruck, dass Integration ein „schwieriges“ Thema sei, wenn wir es proaktiv angehen? Ich bin überzeugt, dass dem nicht so ist und vielmehr das Gegenteil gilt.
Wir leben in einer struben Zeit. Wenn wir uns in der Welt und in Europa herumschauen, dann stellen wir Erstaunliches und auch Besorgniserregendes fest: Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie seit dem Ende des 2. Weltkriegs nicht mehr. Die UNO spricht von 60 Millionen, die Hälfte davon Kinder. Terroranschläge finden nicht mehr nur in Kriegsgebieten oder sonstigen entlegenen Gebieten statt, sondern in Paris und Brüssel, also quasi gleich nebenan. In den USA macht mit Donald Trump als ernsthafter Präsidentschaftskandidat Aussagen zu genau diesen beiden Themen, für die jeder Gemeindepräsident in der Schweiz zurücktreten müsste und die sich kein halbwegs vernünftiger westeuropäischer Politiker erlauben könnte.
„Ihr seid eines der reichsten Länder der Welt und trotzdem wird bei euch immer davon gesprochen, dass ihr sparen müsst – wie kommt das eigentlich?“. Diese Frage, die mir vor einigen Tagen ein indisch-stämmiger Informatiker gestellt hat, bringt es auf den Punkt: Bei den Reichen lernt man das Sparen. Was für Aussenstehende irritierend sein mag, ist für uns kantonale Politikerinnen und Politiker normal. Die sogenannt bürgerlichen Parteien – allen voran SVP und FDP – sprechen die ganze Zeit von Abbau, von Kürzungen und tun so, als stünde der Kanton kurz vor dem finanziellen Kollaps.
Woran liegt das eigentlich?
„Mit Integrationspolitik gewinnt die SP keinen Blumentopf.“ Dieser Ausspruch eines SP-Mandatsträgers im vergangenen Wahljahr ist mir hängen geblieben. Ich habe mich gefragt, ob er womöglich Recht hat. Hilft die Behandlung eines kontroversen und emotionalen Themas letztlich denjenigen, die damit bereits Stimmung machen und es als Problem bewirtschaften? Verstärkt sich der teilweise vorhandene Eindruck, dass Integration ein „schwieriges“ Thema sei, wenn wir es proaktiv angehen? Ich bin fest davon überzeugt, dass dem nicht so und vielmehr das Gegenteil der Fall ist.
BDP-Präsident Martin Landolt und das Hakenkreuz. Die Juso und Silvia Steiner, dargestellt als Teufelin. Die SVP und die schwarzen Schafe. Was haben diese drei Beispiele gemeinsam? Bei allen geht es um Provokationen. Alle kommen prominent in die Medien. Und bei allen geht es eigentlich um etwas anderes, als über das, worüber berichtet und diskutiert wird. Martin Landolt will eigentlich gegen die Durchsetzungsinitiative werben. Das ist gut. Die Juso will eigentlich für die Bildungsinitiative und gegen Abbau in der Bildung werben. Das ist auch gut. Die SVP will eigentlich für sich selbst werben. Das ist – naja... Keine Frage: Provokationen sind ein Stilmittel, welches in allen politischen Lagern eingesetzt wird.
„Die westlich-liberale Demokratie und Gesellschaftsform ist weltweit auf dem Vormarsch und wird sich mittelfristig durchsetzen, es gibt dazu keine Alternative.“ Dies ist – sehr verkürzt – die Kernaussage des berühmt gewordenen Buches des amerikanischen Politologen Francis Fukuyama mit dem Titel „The End of History“. Das in den 90er-Jahren verfasste Werk geht davon aus, dass nach dem Ende des Kalten Kriegs der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Herrschafts- und Gesellschaftsformen entschieden ist und quasi das „Ende“ der Geschichte erreicht wird, weil die westlich-liberale Lebensform mit der dazugehörenden Werthaltung dominiert und letztlich weitgehend unbestritten sein wird.