Es freut den Vorstand von Elternbildung CH und mich sehr, dass Sie sich eingefunden haben, um gemeinsam über Elternbildung und die Erreichbarkeit von Eltern nachzudenken.

Die Erreichbarkeit von Personen ist ein grosses Thema. Alle wollen bestimmte Zielgruppen erreichen. Firmen wollen Kundinnen und Kunden erreichen. Parteien wollen Wählerinnen und Wähler erreichen. Veranstalter wollen Besucherinnen und Besucher erreichen. Und so weiter und so fort. Dabei wollen alle von ihrer jeweiligen Zielgruppe etwas erhalten: Oftmals Geld, manchmal auch Aufmerksamkeit, Unterstützung, Wertschätzung.

Wer aber will Eltern erreichen? Und warum? Zweifellos sind auch Eltern eine begehrte und interessante Zielgruppe. Bei genauer Betrachtung fällt mir jedoch auf, dass sie häufig nicht als Eltern angegangen werden, sondern als Konsumentinnen und Konsumenten, als Empfängerinnen und Empfänger von Botschaften und Ratschlägen, als Bürgerinnen und Bürger, als Zahlerinnen und Zahler, als Verantwortliche für dies und das.

Elternbildung will etwas anderes. Elternbildung will Eltern als Eltern erreichen.

Sie will sie in ihrer Aufgabe unterstützen und fördern. Sie will ihnen etwas geben und nicht etwas von ihnen erhalten. Eltern sind gesellschaftliche Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. Gerade die Pandemie zeigt dies sehr deutlich. Während vielen Jahren war ein starker Trend zur Individualisierung erkennbar. Das Virus hat nun aber die Bedeutung – und letztlich auch die Alternativlosigkeit – von kleinen Solidargemeinschaften wie der Familie wieder ins Bewusstsein gerückt. Das ist ein positiver Effekt, denn in der Tat: Viele Probleme werden in diesen kleinen Solidargemeinschaften gelöst, viele Fragen werden hier geklärt, viele Innovationen finden hier statt. Kurz und gut: Ein wesentlicher Teil des Alltagslebens findet hier statt. Es gilt, diesen Solidargemeinschaften als Eckpfeiler unserer Gesellschaft Sorge zu tragen.

Bei der Alltagsbewältigung spielen die Ressourcen von Eltern eine entscheidende Rolle. Für uns ist wohl unbestritten: Alle Eltern bringen Ressourcen mit. Die Kunst besteht darin, sie zu nutzen, sie zu fördern, sie zu stärken, sie auszubauen. Elternbildung hilft beim Trainieren und Optimieren dieser Kunst. Dazu gehört aber auch das Wissen um die Endlichkeit von Ressourcen. So wie natürliche Ressourcen begrenzt sind, so können auch Ressourcen von Eltern begrenzt sein. Es ist auch eine Aufgabe der Gesellschaft, Eltern nicht zu überfordern und zu überlasten. Ressourcenmanagement ist heute ein gängiger Begriff. Er sollte meines Erachtens auch in der Elternbildung und der Familienpolitik eine Selbstverständlichkeit werden.

Der heutige Tag bietet Gelegenheit, zu diesen Themen Impulse zu geben und die Elternbildung – und damit auch die Eltern – für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen bereit zu machen. Ich danke allen herzlich, die sich für diese Tagung engagiert und sie möglich gemacht haben. Nun wünsche ich allen einen inspirierenden und erkenntnisreichen Tag.


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