Die Freiheit zu haben, über seine Lebensführung selber entscheiden zu können, ist in unserer liberalen Gesellschaft mit Demokratie und Rechtsstaat für die meisten eine Selbstverständlichkeit. Doch aufgepasst: Global betrachtet, kann die Selbstbestimmung je nach politischem System eingeschränkt oder inexistent sein. Und auch bei uns gilt: Wer bspw. verbeiständet oder inhaftiert ist, verliert formell einen Teil seines Selbstbestimmungsrechts. Daneben gibt es aber auch informelle und faktische Einschränkungen. Davon sind insbesondere Menschen mit Behinderung betroffen. Sie haben je nach Situation in verschiedenen Lebensbereichen keine freie Wahl. Für sie galt lange die fürsorgliche Fremdbestimmung: Andere entschieden, was für diese Menschen passend war. Das neue Zürcher Selbstbestimmungsgesetz nimmt an diesem Punkt einen Paradigmawechsel vor: Es schafft Wahlfreiheit in der Wohnform. Wer Selbstbestimmung als einen Gedanken der Menschenrechte versteht, für den ist dies ein folgerichtiger Schritt, der auch dem Ziel der UNO-Behindertenrechtskonvention entspricht: Menschen mit und ohne Behinderung sollen über die gleichen Rechte verfügen.
Der klassische Liberalismus stellt das menschliche Individuum mit seiner Würde und seiner Selbstbestimmung ins Zentrum. Von rechts (Neoliberalismus) und von links (Identitätspolitik) wurde und wird dies untergraben. Rückbesinnung ist gefragt. Liberale Werte ermöglichen erst eine vielfältige und demokratische Gesellschaft. Sie sind aber kein Automatismus und kein Selbstläufer. Sie stehen und fallen mit Menschen, die für sie einstehen.